Vom 17. bis 19.10.24 nahmen Christina Gentili und Birgit Bareth an der Jahrestagung des VKIB (Vereinigung Kommunaler Interessenvertreter von Menschen mit Behinderung in Bayern e.V., https://www.vkib.de/) in Bad Gögging teil. Walter Matzner, der wie Christina Gentili Behindertenbeauftragter des Landkreises Lindau ist, war am Donnerstag anwesend.
Das Programm war reich gefüllt. Der Donnerstag begann mit der Mitgliederversammlung. Der VKIB hat momentan 84 Mitglieder, die sich aus Behindertenbeauftragten und Behindertenbeirät:innen aus ganz Bayern zusammen setzen.
Um 16 h folgte ein sehr interessanter Vortrag zu Bodenindikatoren im öffentlichen Raum für sehbehinderte und blinde Menschen von Edgar Göller von Höhnen & Partner. An vielen Beispielen wurde erläutert, was hilfreich ist und was gefährlich enden kann. Zur Überprüfung der Planung können Sicherheitsauditoren beauftragt werden.
Der Freitag begann mit einem Vortrag von Katrin Weinkauf, die krankheitsbedingt Birgit Dietz vertrat. Sie ist vom Bayerischen Institut für alters- und demenzsensible Architektur und zeigte uns, wie Krankenhäuser, Pflegeheime, aber auch Hotels gestaltet werden können, um vielen Menschen die Orientierung zu erleichtern. Ist der Sehsinn eingeschränkt und z.T. auch die kognitiven Fähigkeiten, ist es wichtig, über gute Beleuchtung, deutliche Orientierungspunkte, Geruch und Hören Impulse zu geben, die die Orientierung erleichtern. Reizüberflutungen sollten unbedingt vermieden werden.
Herr Engelmann von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) informierte uns dann über den neuen Fragebogen, der ab dem 1. Quartal an alle Arztpraxen und Psychotherapeut:innen in Bayern verschickt werden soll, um die jeweilige Barrierefreiheit abzufragen. Leider wird für die Rücksendung keine Frist gesetzt und es werden weiter keine Anreize geboten, eine Bestandspraxis barrierefrei auszubauen. Nach wie vor sind kaum 10% der Praxen barrierefrei zu erreichen. Für Menschen mit Sinnes- oder kognitiven Behinderungen gibt es noch weniger passende Angebote.
Die Ergebnisse aus den Fragebögen können künftig unter https://arztsuche.116117.de/ oder über das Bundesärzteregister abgerufen werden.
Über die Ergebnisse aus dem Landesbehindertenrat informierte uns Herr Seifert.
Auch sie stellen einen eklatanten Mangel an Pflegekräften und bei der Eingliederungshilfe fest.
Die Datenerhebung für jüngere Menschen mit Behinderung, die einen passenden Wohnheimplatz suchen, ergab kaum einen Bedart. Es wurden allerdings nicht die Betroffenen selbst gefragt, sondern die bestehenden Einrichtungen, die zum Großteil nicht einmal eine Warteliste führen und in der Regel auf ältere Menschen abgestimmt sind. Die Eltern und Betroffenen hätten ein sehr großes Interesse an flexiblen Wohnformen.
Eine Forderung sieht vor, dass, um Behindertenparkplätze besser freihalten zu können, es in Zukunft reichen soll, die Polizei zu informieren und es muss nicht mehr jemand persönlich anwesend sein.
Barrierefreie E-Ladesäulen werden vom Ministerium gefördert. Zukünftig sollte hier besser auf die tatsächliche Barrierefreiheit geachtet werden.
Weiter ging es um 14 h nach einer Mittagspause mit der Vorstellung der „Stillen Stunde“. Rebecca Levévre von dem Verein „Gemeinsam Zusammen“ stellte das Konzept vor, das bereits in vielen Supermärkten, aber auch Kinos und Läden durchgeführt wird. Menschen mit nicht sichtbaren Behinderungen oder chronischen Erkrankugen sollen z.B. durch Geräuschreduzierung und gedämpftes Licht vor einer Reizüberflutung geschützt werden. Die Stille Stunde ist ein Erfolg, in vielen beteiligten Läden ist in der Zwischenzeit der Umsatz in diesen Stunden im Vergleich zu vorher gestiegen. https://www.stille-stunde.com/uebrigens/zu-besuch-bei-tv-mittelrhein/
Abschließend hat Guido Judex von der Bayerischen Landesärztekammer über die Fortschritte in der Barrierefreiheit bei Arztpraxen berichtet. Im Altbestand ist es nach wie vor sehr schwierig. Hohe Kosten und mangelnde Ressourcen stehen oft im Weg. Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten, die bei einem Neubau oder einer Renovierung genutzt werden können. Es besteht dann die Möglichkeit zur Zertifizierung der Praxis als Barrierefrei.
Nach dem Abendessen stand noch ein Kamingespräch mit Holger Kiesel, dem Behindertenbeauftragten des Landes Bayern an. Er brachte Neuigkeiten aus seinem Bereich mit und hat unsere Anliegen beantwortet wo möglich und neue Anliegen als Anregung für seine Arbeit mitgenommen.
Der Samstag schloss die Tagung mit der Ausarbeitung eines Positionspapiers ab. Dort wird gefordert, dass die offenen Aufgaben aus der UN-Behindertenrechtskonvention auch in Bayern umgesetzt werden. Die Teilnehmer:innen fanden eine lange Liste an Punkten, die noch zu bearbeiten sind und haben diese konkretisiert. Das Positionspapier soll direkt an die Landesregierung übergeben werden.
Das Wochenende war in den Pausen und abends gefüllt mit guten und aufschlussreichen Gesprächen, in denen sich über die Gegebenheiten in anderen Landkreisen ausgetauscht wurde.